3 Aneignung

 

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Dritte Phase: Aneignung

(zum Download der Methoden und Materialien)

Kooperative Lernphasen gestalten

Das Lernen in einem Lehrnarrangement (= gestaltete Lernumgebung) ist charakterisiert durch den Wechsel von kürzeren Phasen der Vermittlung durch die Lernbegleiter*innen (= konzentrierte Darstellung und Weitergabe von Wissensinhalten) und darauf folgenden längeren Phasen der eigenständigen Auseinandersetzung der Lerner*innen mit dem Lernthema (= Erarbeitung und Aneignung dieser Wissensinhalte durch die Anwendung von speziellen Aneignungs- und Vertiefungsverfahren). Man spricht auch vom Lernen in wechselnden Aktivitätslagen oder dem „Sandwich-Prinzip“ (D. Wahl).
Es handelt sich dabei um
- ein planvoll hergestelltes Lehrnarrangement,
- in dem den Lerner*innen die aktive, selbsttätige Auseinandersetzung mit den vermittelten Inhalten ermöglicht wird
- und gleichzeitig theoretische Wissensvermittlung, lernstrategische Orientierung und methodische Unterstützung durch die Lehrnbegleiter*innen gewährleistet ist.
Seine Realisierung setzt eine detaillierte Planung und klare Strukturierung der ablaufenden bzw. gewünschten Lernprozesse voraus. Dabei wird den Lerner*innen und Lernbegleiter*innen gleichermaßen die Entwicklung von sachlichen, methodischen, kommunikativen und sozialen Kompetenzen ermöglicht und abverlangt.
Eine sehr anspruchsvolle, bei uns kaum bekannte und inhaltlich nachhaltige Methode zum thematischen Einstieg ist das Concept Attainment (Brüning & Saum, 2009, S.  75). Diese Methode bietet den einzigartigen Vorteil, dass es im gesamten weiteren Lernverlauf gemeinsam gebildete und kooperativ festgelegte Grundbegriffe gibt, die durch ihre Klarheit und Transparenz das Lernen weitertragen können.
Zielführend sind auch Methoden und Merktechniken (Mnemo-Technik) wie die Körperliste, die das leichte Behalten von Begriffen unterstützen.
In dieser Phase kommen vorrangig die Methoden des kooperativen Lernens (Müller, 2011) wie das Lerntempoduett, das Kugellager, das Gruppenpuzzle, das Placemat, das Partner*innen-Interview (Huber, 2009), das Gruppen-Quiz u.a.m. zum Einsatz.

Eigenständiges Lernen ermöglichen

Es gibt viele weitere Möglichkeiten neben dem Frontalunterricht und dem fragend-erarbeitenden Unterricht Lernen zu ermöglichen. Lernen ist dann ein allgemeines Angebot, das die Lerner*innen durch ihre eigenen Lernanstrengungen individualisieren sollen.
Eine vorbereitende Methode zum selbstständigen Lernen ist der Stationenbetrieb. Projektunterricht ist die Königsdisziplin eines prozessorientierten und praxisnahen Lernens, das die Interessen der Lerner*innen in den Mittelpunkt stellt und auch Wirksamkeit im sozialen Umfeld entfaltet. Freiarbeit und offenes Lernen benötigen spezielle organisatorische und zeitliche Rahmenbedingungen und verlaufen meist recht materialintensiv, gewähren aber ein hohes Maß an individueller Zuwendung für die Lerner*innen. Das eigenverantwortliche Arbeiten und Lernen in Lernspiralen bietet eine Vielfalt an methodischen Ankerpunkten und kann auch in den regulären Unterricht gut eingebunden werden.
Über längere Lernabschnitte geplante und gezielt in Lernphasen strukturierte Lehrnarrangements versprechen den nachhaltigsten Lernerfolg. Alle genannten Unterrichtssettings zum eigenständigen Lernen können in die Aneignungsphase des Lernens in kooperativen Lehrnarrangements je nach Fokus der Lehrnintentionen durch die Lernbegleiter*innen zeitlich variabel eingebunden werden.

Rollen im Lernprozess umdenken

Die zeitliche Ausdehnung dieser Phase hängt von der Ausprägung der Selbstlern-Kompetenz und der sozialen und methodischen Kompetenzen der Lerner*innen ab. Da diese Kompetenzen Voraussetzung für die eigenständige Arbeit sind und gleichzeitig bei der Arbeit entwickelt werden, sind kleine Schritte angesagt. Selbstständiges Arbeiten muss auch erst einmal gelernt werden.
Wichtig in dieser Phase ist, dass die/der Lernbegleiter*in den Lerner*innen die aktive, selbsttätige Auseinandersetzung mit den vermittelten Inhalten ermöglicht und gleichzeitig als Lernmoderator*in die Qualität der erarbeiteten Inhalte beobachtet und bespricht. Die Rolle der Lernbegleiter*in ist es jetzt vor allem, durch lernstrategische und methodische Interventionen die Arbeits- und Teamprozesse beim Lernen zu unterstützen.

Hinter einem solchen didaktischen Paradigmenwechsel stehen mehrere theoretische Ansätze und Konzepte.
Ganz grundsätzlich stehen sich ein althergebrachtes engführendes und ein neuentwickeltes erweiterndes Didaktikkonzept des Lernens, Lehrens und Unterrichtens gegenüber.
Die Erkenntnisse aus der konstruktivistischen Didaktik und systemischen Pädagogik eröffnen einen neuen Blick auf die "Auslöseranreize" der Neugier, indem ein geschlossenes komplexes System (= Lerner*in) versucht, nachdem es kurzzeitig durch leichte Störungen (Perturbationen) aus dem Gleichgewicht gebracht wird, dieses Gleichgewicht durch "Lernen" wieder auszubalancieren und den inneren Frieden wiederzufinden.
Auch hinter den Methoden des Kooperativen Lernens steht ein wohlüberlegtes didaktisches Konzept, das insbesondere auf die Tatsache Rücksicht nimmt, dass Lernen gemeinsam in einer Lerngruppe so verläuft, dass alle Lerner*innen sich sicher fühlen dürfen und so der Weg offen steht für egalitäre Bildungsbeteiligung.